{"id":2211,"date":"2019-10-28T14:14:02","date_gmt":"2019-10-28T14:14:02","guid":{"rendered":"http:\/\/communitysupported.org\/?p=495"},"modified":"2021-10-28T09:00:02","modified_gmt":"2021-10-28T09:00:02","slug":"platanenblatt","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/csx-netzwerk.de\/en\/platanenblatt\/","title":{"rendered":"Platanenblatt – eine griechisch-deutsche Solidarische Landwirtschaft f\u00fcr Oliven\u00f6l"},"content":{"rendered":"

Autorin: Mona Knorr<\/p>\n\n\n\n

Urte und Ralf Randel, der Bauer Prokopis Bantzis und eine wachsende Community von Oliven\u00f6lfans sind <\/em>Platanenblatt<\/em><\/a>: Eine erweiterte, <\/em>solidarische <\/em><\/a>Landwirtschaft<\/a>, die das Oliven\u00f6l auf der griechischen Insel Lesbos produziert und die Ernteanteile dann zur Community nach Deutschland bringt. <\/em><\/p>\n\n\n\n

Ich bin \u00fcbrigens selber eine dieser Prosument*innen und muss zugeben, dass mich die Antworten von Ralf noch ein bisschen mehr f\u00fcr das Projekt begeistert haben. Un\u00fcbersehbar: Die Parallelen zu <\/em>Teikei Coffee<\/em><\/a>. Wenn ihr also dieses Interview durch habt, k\u00f6nnt ihr gleich noch ein bisschen weiterlesen…<\/em><\/p>\n\n\n\n

Warum habt ihr 2012 Platanenblatt gegr\u00fcndet?<\/h3>\n\n\n\n

Der Impuls kam aus dem pers\u00f6nlichen Erleben der Auswirkungen dessen, was man damals “Griechische Wirtschaftskrise” nannte. Wir waren zu diesem Zeitpunkt schon seit mehreren Jahren immer wieder auf Lesbos gewesen und in der Nachbarschaft bekannt. Als wir erlebten, wie unsere Nachbarin, der die Rente um 30% gek\u00fcrzt worden war, pl\u00f6tzlich Sorge hatte, ihr Haus (das eigentlich ein H\u00e4uschen ist) zu verlieren, wollten wir etwas tun. Wir wollten der Insel, die uns so gefiel, und den Menschen, die wir so mochten, etwas zur\u00fcckgeben. Wir hatten gesehen, dass viele Olivenhaine zum Verkauf standen bzw. nicht mehr bewirtschaftet wurden. Zu dem Zeitpunkt war uns noch nicht klar woran das lag. Jedenfalls dachten wir: Oliven\u00f6l k\u00f6nnte ein guter Weg sein zu helfen. <\/p>\n\n\n\n

Was war euer Ziel?<\/h3>\n\n\n\n

Der Plan war von Anfang an, m\u00f6glichst alle Produktionsschritte auf Lesbos zu tun, das Oliven\u00f6l in Deutschland zu verkaufen, in den Verkaufspreis eine Spende f\u00fcr soziale Projekte auf Lesbos zu integrieren und alle entstehenden \u00dcbersch\u00fcsse ebenfalls zu spenden. Daf\u00fcr wollten wir ein Oliven\u00f6l mit bestm\u00f6glicher Qualit\u00e4t produzieren. Naja, eigentlich war der Plan, das beste Oliven\u00f6l der Welt herzustellen. \ud83d\ude42 Daf\u00fcr brauchten wir einen Partner, den wir dann nach langer Suche und der Hilfe von Demeter International auch fanden: Prokopis Bantzis. Zusammen mit ihm haben wir dann Platanenblatt gegr\u00fcndet – eine assoziativ wirtschaftende Gemeinschaft und parallel ein gemeinn\u00fctziger Verein.<\/p>\n\n\n\n

Auf eurer Website steht, dass ihr eine “erweiterte solidarische Landwirtschaft” seid. Was unterscheidet euch von einer “normalen” CSA?<\/h3>\n\n\n\n

Zum Zeitpunkt der Gr\u00fcndung von Platanenblatt waren wir bereits seit einiger Zeit privat Mitglied in der Solawi Kattendorfer Hof bei Hamburg. \u00dcberzeugte Bio-K\u00e4ufer ohnehin, aber besonders von der direkten Verbindung zum Bauern in einer Solawi angetan. Zu dem Zeitpunkt wurde die “Regional-Bewegung\u201c in Deutschland immer st\u00e4rker, das ging damals bis hin zu Aussagen wie \u201eRegional ist das neue Bio\u201c (ist es nat\u00fcrlich nicht!). Regional finden wir auch gut, was wir aber wollten ist ein Produkt (Oliven\u00f6l), das in Deutschland nicht regional erzeugt werden kann, solidarisch zu verteilen. Wir haben gesucht \u2013 aber eine \u00fcberregional, L\u00e4ndergrenzen \u00fcberschreitend wirtschaftende Solawi haben wir nirgends gefunden. Daher haben wir uns entschlossen die Erste zu werden :). Damit das schon in der Benennung anklingt, haben wir das Prinzip (durchaus auch mit Beuys im Hinterkopf) erweitert. <\/p>\n\n\n\n

Was ist die gr\u00f6\u00dfte Herausforderung f\u00fcr eine \u00fcberregionale Solawi?<\/h3>\n\n\n\n

Die gr\u00f6\u00dfere Entfernung zwischen Verbraucher und Bauer macht es nat\u00fcrlich schwieriger. Wir versuchen als Mittler und Kommunikatoren immer ansprechbar zu sein und bei unseren Abholtagen zum Anfang eines jeden Jahres eine M\u00f6glichkeit zur pers\u00f6nlichen Kontaktaufnahme zu schaffen. Einige unserer Mitglieder sind allerdings auch bereits nach Lesbos gereist (wir helfen dabei gerne), haben den Olivenhain besucht, mitgeholfen, zugeguckt, sich erholt und dem Bauern einen Eindruck gegeben, wer die Fr\u00fcchte seiner Arbeit so begeistert vertilgt :). F\u00fcr uns ist solidarisches Wirtschaften keine Frage der Regionalit\u00e4t. Aus einem erweiterten Blickwinkel wird jedoch schnell klar, jedes landwirtschaftliche Erzeugnis ist regional \u2013 und zwar weltweit. Die Natur und die B\u00f6den sind weltweit die Grundlage der Landwirtschaft und m\u00fcssen gesamtheitlich gesch\u00fctzt werden. Es geht in der erweiterten solidarischen Landwirtschaft, so wie wir sie verstehen, deshalb darum, auch nicht-regionale Erzeugnisse verantwortlich und nachhaltig herzustellen. Das geht nur, wenn wir sie als Verbraucher in unseren bewussten Konsum einbeziehen. <\/p>\n\n\n\n

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Ihr organisiert ja in einigen St\u00e4dten auch Abholtage  – warum?<\/h3>\n\n\n\n

Es ist unsere beste M\u00f6glichkeit, eine Solawi-Gemeinschaft zu formen, bei der es nicht so ganz einfach ist, \u201eseinen Hof\u201c zu besuchen. F\u00fcr die Mitglieder ist es eine gute M\u00f6glichkeit, Fragen loszuwerden, neues aus Lesbos und aus dem Olivenhain zu erfahren und: wir brauchen das \u00d6l nicht zu schicken. Im kommenden Jahr haben wir Abholtage in Hamburg, Berlin, K\u00f6ln, M\u00fcnchen und Wangen (Allg\u00e4u) – das ist toll. Wir w\u00fcrden gerne noch mehr machen. <\/p>\n\n\n\n

Gibt es eine Platanenblatt-Community?<\/h3>\n\n\n\n

Ja, und die ist richtig toll. Unglaublich treu, so viele sind schon seit Jahren dabei. Wir kriegen ganz viel von der Freude zur\u00fcck, die wir in das Projekt hineingeben.<\/p>\n\n\n\n

Hat diese Community Kontakt zu dem Bauern auf Lesbos?<\/h3>\n\n\n\n

Urte und ich sind die Kommunikatoren, in erster Linie. Es kommt inzwischen so viel Feedback, Fragen, Anregungen etc., dass Prokopis das nicht auch noch bewerkstelligen k\u00f6nnte. Was er gerne und immer \u00f6fter macht: wenn Leute aus der Community nach Lesbos kommen nimmt er sich viel Zeit ihnen den Olivenhain zu zeigen, zu erkl\u00e4ren und (falls es gerade passt) mit in die \u00d6lm\u00fchle zu nehmen. <\/p>\n\n\n\n

Letztes Jahr hattet ihr ja einen nahezu kompletten Ernteausfall. Wie hat euch die Community geholfen, das aufzufangen?<\/h3>\n\n\n\n

Ja, das war schlimm, was f\u00fcr ein Schock. Wir haben tats\u00e4chlich einen Totalausfall gehabt. Gl\u00fcck im Ungl\u00fcck war es, dass wir im Jahr davor die gr\u00f6\u00dfte Ernte hatten, die \u00fcberhaupt vorstellbar war. Und das bei unglaublich guter Qualit\u00e4t. Der Gehalt an Polyphenolen im \u00d6l war so hoch, dass auch nach l\u00e4ngerer Lagerung die Aromen und die Frische im \u00d6l pr\u00e4sent war. Wir hatten also noch Oliven\u00f6l aus unserer Rekordernte, die wir nicht verteilt hatten, da die Ernte so unerwartet gro\u00df war. Die Community hat dann w\u00e4hrend des \u00f6llosen Jahres die Reste unserer gro\u00dfen Ernte verbraucht. Dar\u00fcber hinaus gab es einiges an Spenden, Aufmunterungen und moralischer Unterst\u00fctzung. Ohne unsere tolle Community w\u00e4re das Jahr ein komplettes Desaster gewesen. So war es eine Schwierigkeit, wir wir alle gemeinsam in den Griff gekriegt haben.<\/p>\n\n\n\n

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Die Oliven werden ja in einer lokalen \u00d6lm\u00fchle zu \u00d6l verarbeitet. Diese \u00d6lm\u00fchlen sind ja keine normalen Betriebe, sondern Einrichtungen der Dorfgemeinschaft. K\u00f6nnt ihr dazu etwas erz\u00e4hlen?<\/h3>\n\n\n\n

Das stimmt leider so nicht \u2013 aber es ist die Tradition an die wir ankn\u00fcpfen. Die kommunalen \u00d6lm\u00fchlen auf Lesbos sind alle verschwunden, von ehemals \u00fcber 150 \u00d6lm\u00fchlen auf der Insel sind vielleicht 20 geblieben, die alle privat gef\u00fchrt werden. Damals war es so, dass die \u00d6lm\u00fchle dem Dorf geh\u00f6rte, jeder dort seine Oliven verarbeiten konnte und die M\u00fchle einen kleinen Anteil des \u00d6ls f\u00fcr sich als Bezahlung behielt. Von dieser Bezahlung wurde die M\u00fchle instand gehalten, der Rest floss in kommunale Aufgaben, zum Beispiel in den Bau von Dorfschulen. Das machen die M\u00fchlen heute nicht mehr. Deshalb haben wir eine Spanne von 10% in den Abgabepreis des Oliven\u00f6ls integriert, mit dem soziale Aufgaben auf Lesbos unterst\u00fctzt werden. Eine Hilfe, die gerade auf Lesbos bitter n\u00f6tig ist. Denn nicht nur die allgemein schwierige wirtschaftliche Situation Griechenlands macht der Insel schwer zu schaffen, sondern vor allem ihre Rolle bei den Fl\u00fcchtlingsbewegungen im Mittelmeer.<\/p>\n\n\n\n

Was hat euer Projekt in der Region bewirkt?<\/h3>\n\n\n\n

Unser Projekt hat schon ein bisschen Leuchtturm-Charakter. Wir sind noch immer der einzige Demeter-zertifizierte Betrieb auf der Insel und auch der einzige, der mit einer engagierten und unterst\u00fctzenden Community arbeitet. Das hat inzwischen viele Bauern auf uns aufmerksam gemacht, die keine oder nur extrem schlecht bezahlte Absatzkan\u00e4le f\u00fcr ihre Produkte haben. Inzwischen interessiert sich sogar der eine oder andere f\u00fcr biologisch-dynamischen Anbau. Unsere jahrelange Arbeit am kargen Boden wird immer mehr sichtbar. Auch dass wir im vergangenen Jahr zum ersten mal Sch\u00fcler einer deutschen Waldorfschule im Olivenhain hatten, die bei den Arbeiten im Olivenhain geholfen haben, hat f\u00fcr Aufsehen auf der Insel gesorgt. Dabei haben sowohl der Bauer als auch die Sch\u00fcler*innen profitiert \u2013 eine tolle Erweiterung, die wir gerne fortf\u00fchren w\u00fcrden. Wie unter einem Brennglas erkennt man die Vorz\u00fcge einer Gemeinschaft – jeder geht bereichert und gest\u00e4rkt aus dem Projekt hervor: die Sch\u00fcler*innen, der Bauer, die Erntehelfer*innen, Zulieferer*innen, der Boden, die Konsument*innen, die Region \u2013 der ganze Gemeinschaftsorganismus eben.<\/p>\n\n\n\n

Wie erfahren Leute von eurem Projekt?<\/h3>\n\n\n\n

In erster Linie durch Empfehlungen. Und wir erfahren viel Unterst\u00fctzung, hier ist in erster Linie die “Genussgemeinschaft St\u00e4dter und Bauern e.V.<\/a>\u201c aus M\u00fcnchen zu nennen, aber auch Slow Food M\u00fcnchen, K\u00f6ln und Hamburg. Wir sind auch immer wieder bei Vortr\u00e4gen und Veranstaltungen zu dem Themen Rund um Solawi dabei. Meist mit einer kleinen \u00d6lflasche im Gep\u00e4ck \u2013 unser \u00fcberzeugendstes Argument. \ud83d\ude42   <\/p>\n\n\n\n


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So kannst du Teil der Community werden:<\/h3>\n\n\n\n

Der schnellste Weg zum Oliven\u00f6l, das \u00fcbrigens auch in unserer K\u00fcche seit 2 Jahren nicht mehr wegzudenken ist, f\u00fchrt \u00fcber den Onlineshop von Platanenblatt<\/a>. Dort kannst du einen oder mehrere Ernteanteile der Saison 2019\/20 vorbestellen. In einigen St\u00e4dten* gibt es die M\u00f6glichkeit, es abzuholen, aber auch ein Postversand ist m\u00f6glich. Ansonsten findest du Platanenblatt auch auf Instagram<\/a> und Facebook<\/a>. <\/p>\n\n\n\n

Fotos: Wurden mir von Urte und Ralf Randel\/Platanenblatt zur Verf\u00fcgung gestellt.<\/em><\/p>\n\n\n\n[Der Artikel erschien zuerst auf dem mittlerweile aufgel\u00f6sten Blog communitysupported.org und wurde im Juli 2021 auf diesen Blog \u00fcbertragen.]","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Autorin: Mona Knorr Urte und Ralf Randel, der Bauer Prokopis Bantzis und eine wachsende Community von Oliven\u00f6lfans sind Platanenblatt: Eine erweiterte, solidarische Landwirtschaft, die das Oliven\u00f6l auf der griechischen Insel Lesbos produziert und die Ernteanteile dann zur Community nach Deutschland bringt. Ich bin \u00fcbrigens selber eine dieser Prosument*innen und muss zugeben, dass mich die Antworten […]<\/p>","protected":false},"author":7,"featured_media":508,"comment_status":"open","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":[],"categories":[19,18],"tags":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/csx-netzwerk.de\/en\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2211"}],"collection":[{"href":"https:\/\/csx-netzwerk.de\/en\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/csx-netzwerk.de\/en\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/csx-netzwerk.de\/en\/wp-json\/wp\/v2\/users\/7"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/csx-netzwerk.de\/en\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=2211"}],"version-history":[{"count":4,"href":"https:\/\/csx-netzwerk.de\/en\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2211\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":2315,"href":"https:\/\/csx-netzwerk.de\/en\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2211\/revisions\/2315"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/csx-netzwerk.de\/en\/wp-json\/"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/csx-netzwerk.de\/en\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=2211"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/csx-netzwerk.de\/en\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=2211"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/csx-netzwerk.de\/en\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=2211"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}